Das Einführen einer komplett neuen E-Commerce-Website für Ersatzteile in einer großen internationalen B2B-Organisation kann eine echte Herausforderung sein. Die Umstände, mit denen Dynapac konfrontiert war, bedeuteten für das Replatforming nochmal eine ganz andere Dimension.
Das waren die Rahmenbedingungen des Projekts:
- Die vorhandene Plattform sollte innerhalb der nächsten 6 Monate abgeschaltet werden.
- ERPs wurden gleichzeitig ersetzt, da die Firma von einer anderen übernommen wurde.
- Das Geschäft musste am Laufen bleiben.
- Es gab viele komplexe Integrationen.
- Zu Beginn der Entwicklungsphase: COVID-19 brauch über Europa herein und verhinderte Reisen und persönliche Treffen.
Dennoch wurde die neue Plattform innerhalb des Budgets und der Frist (5 Monate!) live gebracht und wird nun auf 12 (und mehr) Länder ausgeweitet. Was war der Schlüssel zum Erfolg? Freddy Lessmeister berichtet in diesem Artikel über Dynapacs Replatforming-Projekt und seine 6 wichtigsten Erkenntnisse daraus.
Freddy Lessmeister, Vice President Aftermarket Logistics bei Dynapac: "Unsere Firma wurde vor einigen Jahren von der Fayat-Gruppe übernommen, und das bedeutete, dass unsere IT-Landschaft schließlich auch angepasst werden musste. Man hatte uns eine Frist von 6 Monaten gesetzt, um unser derzeitiges Bestellportal durch eine neue E-Commerce-Plattform zu ersetzen.
Das Timing war eigentlich gut, denn die Verbesserung der User Experience stand bereits auf unserer Roadmap. In gewisser Weise half uns die absolute Frist am Ende sogar. Wir wussten, dass wir super schnelle Entscheidungen treffen mussten und konnten es uns nicht leisten, noch länger zu warten."
Schon bevor Dynapac mit dem Replatforming begann, hatte das Unternehmen den Wunsch, mit digitalen Lösungen die Kundenzufriedenheit und Personalisierung deutlich zu erhöhen und das Geschäft so voranzutreiben. Sie waren überzeugt, dass die neue Plattform dazu beitragen könnte, die Customer Journey zu verbessern.
Durch die nahtlose Integration mit den verschiedenen ERP-Systemen von Dynapac würde die Plattform Preis-, Lager- und Bestellinformationen in Echtzeit sowie ein reibungsloses Bestell- und Checkout-Erlebnis bieten. Zusätzliche Integrationen sollten die Suche und Auswahl von Produkten passend zu den im Einsatz befindlichen Maschinen der Kunden verbessern.
Eine solche "Mein Fuhrpark"-Funktion, zusammen mit einem intuitiven Design und lokalisierten Inhalten, sollte zu einem benutzerfreundlichen und kundenorientierten Kundenportal entwickelt werden, welches das Nutzererlebnis erheblich verbessert. Freddy: "Diese Vision hat uns geholfen, Entscheidungen zu treffen und diese unserer Firma zu erklären.
Was uns zudem geholfen hat, war die Tatsache, dass wir mit Intershop eine E-Commerce-Lösung gefunden haben, die einen großen Teil unserer B2B-spezifischen Anforderungen erfüllt und somit eine kurze Produkteinführungszeit (Time-to-Market) ermöglicht. Evident (jetzt: Valtech) ist ein erfahrener und engagierter Implementierungspartner mit viel Know-how im B2B-Handel. Mit diesen Partnern haben wir also unser großes Abenteuer im 4. Quartal 2019 begonnen".
Learning 1: Sparen Sie nicht in der Definitionsphase!
Besonders wenn Sie es eilig haben, dürfen Sie in der Definitionsphase weder an Zeit noch an Budget sparen. Sie müssen harte Entscheidungen treffen, damit das Minimal Viable Product (MVP) überschaubar bleibt. Daher ist es entscheidend, mit einer genauen Bestandsaufnahme in Ihrer Organisation, bei Kunden, Prozessen, in der IT-Landschaft usw. zu beginnen.
Ihr Implementationspartner kann in dieser Phase zudem Sie und Ihr Unternehmen kennenlernen, Wissen und Erfahrungen austauschen und gemeinsam mit Ihnen die richtigen Entscheidungen in Bezug auf Lösungsdesign und -ansatz treffen. Besonders bei komplexen Integrationen mit mehreren ERPs ist es wichtig, frühzeitig gemeinsam Entwürfe zu erstellen.
"Neben Ihren Kunden ist es auch entscheidend, das Unternehmen und die wichtigsten Personen, die mit der neuen Plattform arbeiten werden, einzubeziehen. Das hilft dabei, schwierige Entscheidungen zu treffen und die Einführung der neuen Plattform einfach zu gestalten. Eine gut durchgeführte Definitionsphase schafft eine solide Basis und ermöglicht die dringend benötigte Flexibilität für die folgende Entwicklungsphase."
Learning 2: Arbeiten Sie agil!
Freddy: "Bei der Suche nach einem Partner schlug Intershop vor, mit Evident zusammenzuarbeiten, da das Unternehmen sowohl mit Intershop als auch im B2B Erfahrung hat. Genauer gesagt, haben sie einen Schwerpunkt auf dem B2B-Ersatzteilmarkt und im After-Sales. Außerdem arbeitet Evident agil. Durch die Agilität von Scrum konnten wir den engen Zeit- und Kostenrahmen einhalten und gleichzeitig mit den aufkommenden Unsicherheiten fertig werden.
Als unglaublich praktisch haben sich die häufigen Releases erwiesen, die klare Kommunikation und die Berichte, die wöchentlich zur Verfügung gestellt wurden. Wir konnten einen sehr produktiven Rhythmus finden und das Projekt kontinuierlich in die richtige Richtung lenken."
"Da alle 2 Wochen einsatzbereite Funktionen geliefert wurden, konnten wir auch kontinuierlich Inhalte zur Plattform hinzufügen, anstatt bis zum Ende der Entwicklungsphase warten zu müssen. Das war eine enorme Zeitersparnis".
Learning 3: Teilen Sie Herausforderungen mit dem Partner!
Die Entwicklung des benutzerfreundlichen und reibungslosen Kundenportals erforderte eine Reihe komplexer Integrationen. Freddy: "Ein gutes Beispiel für die pragmatische Partnerschaft mit Evident (Valtech) war, dass wir diese Komplexität unter uns aufgeteilt haben.
Anstatt mit dem Finger aufeinander zu zeigen oder herausfordernde Aufgaben zu ignorieren, haben wir analysiert, wo die Komplexität liegt, und gemeinsam entschieden, von wem sie am besten bewältigt werden konnte.
Auf diese Weise teilten wir die Herausforderungen in einer offenen und echten Partnerschaft gleichmäßig auf und nahmen sie an. Erwarten Sie also nicht, dass alles nur von Ihrem Implementierungspartner erledigt wird, sondern übernehmen Sie gemeinsam die Verantwortung für den Erfolg.
Learning 4: Beginnen Sie mit einem MVP und bleiben Sie fokussiert!
Um die knappe Frist einzuhalten, wollte Dynapac mit einer Version live gehen, die zunächst nur wichtigsten Funktionen für ein zufriedenstellendes Kundenerlebnis abdeckt. Freddy: "Wir einigten uns also auf ein MVP und hielten uns von allen Extras und extravaganten Spielereien für die erste Phase fern. Wir analysierten auch, welche Funktionen der bestehenden Plattform nicht wesentlich waren und weggelassen oder durch neue, sofort einsatzbereite Funktionen ersetzt werden konnten.
Auf diese Weise konnten wir uns zunächst auf die Basics konzentrieren. Parallel musste ja auch das laufende Geschäft unterstützt werden. Ein klares Hauptziel zu haben bewahrte uns vor Ablenkungen und internen Diskussionen, die das erste Release behindern könnten".
Bei der Definition von Funktionalitäten für ein MVP muss man sich fragen, ob sie tatsächlich einen signifikanten Mehrwert für die Plattform darstellen. Scheuen Sie sich nicht davor, Nein zu sagen! Versuchen Sie, kontinuierlich die optimale Balance zwischen Geschäftswert und Implementierungskosten zu finden.
Learning 5: Geben Sie den richtigen Personen Verantwortung!
"Ein weiterer wichtiger Teil des Erfolgs ist, dass wir als Kunde erkannt haben, dass wir viel Zeit in die Zusammenarbeit mit dem Partner investieren mussten. Wir wussten, dass ein Projekt wie dieses eine gemeinsame Anstrengung ist. Deshalb haben wir Leute in das Projekt einbezogen, von denen wir wussten, dass sie entsprechende Erfahrung haben und das Geschäft verstehen. Sie konnten sich für den Erfolg des Projekts Zeit nehmen und selbstständig Entscheidungen auf der Grundlage des Geschäftswerts und der Durchführbarkeit treffen. Das ist bei einer agilen Arbeitsweise sehr wichtig."
Learning 6: Geographische Nähe ist nicht (mehr) alles entscheidend
Freddy: "Auf Anraten von Intershop wählten wir Evident (Valtech) als Implementierungspartner aus. Um ehrlich zu sein, war das nicht einfach für uns, weil Evident (Valtech) hauptsächlich in den Niederlanden und Portugal ansässig ist. Aber sie überzeugten uns davon, dass eine Kombination aus Remote-Arbeit und Agilität sowie die regelmäßige Präsenz vor Ort in Deutschland während des Prozesses machbar sind.
Und dann, gerade als wir mit der Entwicklungsphase starteten, brach COVID-19 über Europa herein. Glücklicherweise kannten sich die wichtigsten Teammitglieder bereits sehr gut, und wir hatten schon Erfahrungen mit Remote-Arbeit gesammelt.
Wir brachten das gesamte Team von Dynapac und Evident (Valtech) zusammen und definierten eine neue optimale Art der Kommunikation und Zusammenarbeit. Wir passten uns schnell an und so gab es während der Entwicklungsphase keine Probleme. Schade war, dass es keine persönlichen Treffen gab, Abendessen oder Feiern. Aber das werden wir nachholen!"
Dynapac erkannte, dass die besondere Situation auch Chancen bietet. Freddy: "Da alle remote arbeiten, bedeutet das, dass man nicht mehr regional denken muss, um den am besten geeigneten Partner zu finden. Partner und Teammitglieder können aufgrund ihrer Erfahrung und nicht aufgrund ihres Wohnortes ausgewählt werden. Das eröffnet ein enormes Potenzial für neue Partnerschaften und Personal!